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Artikel zum Thema Vertragssprache

Englisch als Vertragssprache mit dänischen Geschäftspartnern

Pragmatischer Kompromiss oder babylonische Sprachverwirrung?

Im Rechtsverkehr zwischen Dänemark und Deutschland kommt es immer häufiger vor, dass sich die Parteien auf Englisch als Vertragssprache einigen. Der dahinterstehende Gedanke ist, dass man sich damit auf eine gemeinsame Sprache einigt, die beide Parteien gleich gut beherrschen. Keiner fühlt sich benachteiligt, die Parteien haben eine faire Balance erreicht. In der juristischen Wirklichkeit ist diese Sprachwahl in der Regel recht problematisch. Selbst in Situationen, in denen die Parteien den Vertrag nicht mit Google Translator erstellt haben, bedeutet die vermeintliche »Balance« oft, dass die Beteiligten sich auf etwas eingelassen haben, was in Wirklichkeit keine der Parteien so richtig versteht: Jede Partei hat ihr eigenes Verständnis der Vertragsbegriffe, aber in der englischen juristischen Begriffswelt bedeuten diese etwas, was keine der Parteien gewollt hat.

Das Problem hat seinen Ursprung darin, dass juristische Begriffe in den verschiedenen Rechtssystemen genau definierte Bedeutungen haben. Ein deutscher »Eigentumsvorbehalt« ist etwas ganz anderes als ein dänischer »Ejendomsforbehold«. Und ein »Retention of Title« hat wiederum im englischen Recht seine eigene, dritte Bedeutung.

Deutsche Warenverkäufer gehen meistens davon aus, dass ein in Deutschland wirksam vereinbarter Eigentumsvorbehalt auch in Dänemark gilt. Dies ist beim Konkurs des dänischen Käufers aber regelmäßig nicht der Fall. Ein dänischer »Ejendomsforbehold« wird nämlich in der Konkursmasse des Käufers immer nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen anerkannt, die der deutsche Eigentumsvorbehalt meistens nicht erfüllt. Aber was gilt eigentlich, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass ein »Retention of Title« vereinbart ist?

Ein deutscher Handelsvertreter hat bei Kündigung seines Vertrages einen »Ausgleichsanspruch« gegenüber dem Auftraggeber. Ein dänischer Handelsvertreter hat einen Anspruch auf »godtgørelse«. Im deutschen und im dänischen Recht werden diese Ansprüche nach anderen, grundsätzlich verschiedenen Prinzipien berechnet. Dieses Problem verschwindet natürlich nicht dadurch, dass man dem Handelsvertreter vertraglich einen Anspruch auf »indemnity« gewährt. Denn was genau bedeutet das im englischen Recht?

Selbst in einem Vertrag von wenigen Seiten treten Unklarheiten dieser Art serienweise auf, wenn die Vertragssprache Englisch ist, die Vertragsparteien aber aus Deutschland und Dänemark kommen. Die Lösung dieser juristischen Begriffsverwirrungen liegt in den meisten Fällen in einem zweisprachigen Vertrag (Deutsch/Dänisch!), in dem die eine Sprache als die ausschlaggebende Vertragssprache definiert ist. Dann ist die andere Version zwar nur eine Übersetzung, aber im Zweifelsfall sind die juristischen Begriffe in der ausschlaggebenden Fassung jedenfalls eindeutig definiert.

Es ist in der Regel kein kluger Kompromiss, sich auf etwas zu einigen, was alle Beteiligten gleich schlecht verstehen. Und trotz immer besserer Sprachkenntnisse sind die wenigsten Deutschen oder Dänen nun mal Meister englischer juristischer Begriffe.

Autoren: Jana Behlendorf, Rechtsanwältin & Advokat, Leiterin Recht, Steuern & Kundenbuchhaltung, AHK Dänemark und Stefan Reinel, Advokat, Rechtsanwalt, Partner, NJORD Law Firm

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